Rement präsentiert Beton-Upcycling-Technologie vor Branchenvertretern

|Robert Schleinhege

Am 10.09.2024 öffnete Rement seine Türen für verschiedene Vertreter und Vertreterinnen der Bau-, Recycling- und Nachhaltigkeitsbranche. Im Fokus stand die Vorstellung unserer neuartigen Beton-Upcycling-Technologie. Das KIT-IMB/MPA, an welchem Rement beheimatet ist, stellte für die Veranstaltung sein Baustofflabor zur Verfügung. In Kurz-Präsentationen stellten unsere Teammitglieder Erkenntnisse, Arbeitsweisen und Ziele aus Laborforschung, Verfahrenstechnik und Regelungstechnik vor.

Abbruchbeton birgt vielfältige Potentiale

Das KIT-IMB, der Gastgeber der Veranstaltung, verfolgt schon seit längerem verschiedene Forschungsansätze zum Recycling von Abbruchbeton. Nach einem Grußwort durch den Institutsleiter Prof. Frank Dehn stellte Jan P. Höffgen, Leiter der Arbeitsgruppe Ressourceneffizienz und Zirkularität, die verschiedenen am KIT-IMB verfolgten Betonrecycling-Ansätze vor. Beim Brechen von Abbruchbeton fällt eine Grobfraktion (55-80 m%) und eine Feinfraktion (20-45 m%), die sogenannten Betonbrechsände, an. Verwertungsmöglichkeiten der Grobfraktion umfassen neben dem Einsatz als Tragschicht im Straßenbau vor allem der Einsatz als RC-Gesteinskörnung in ressourcenschonendem Beton. Gesteinskörnungen machen den größten Volumenanteil an Beton aus. Eine Substitution von Splitt, Kies und Schotter durch Recyclingmaterial schont natürliche Ressourcen.

Forschungsarbeiten zur Verwertung der Feinfraktion umfassen einerseits den Einsatz als Substitut für feine, primäre Gesteinskörnung (Sand) und andererseits den Einsatz als Zementhauptbestandteil nach vorangegangener thermisch-mechanischer Aktivierung. Da diese Aktivierung weniger energieintensiv ist als die Produktion des partiell substituierten Zements, können so CO2-Emissionen reduziert werden. Beide Verwertungsszenarien für Betonbrechsände schließen sich jedoch nicht aus, im Gegenteil. Im Idealfall würde man die Gesteinskörnung von Zementanhaftungen befreien und umgekehrt nur aus dem Zementstein, nicht aber aus der Gesteinskörnung, Zementhauptbestandteile bzw. Betonzusatzstoffe gewinnen.

"Am Besten wäre es, wenn die Gesteinskörnung vom Zementstein separiert und letzterer weiter in calciumhaltige Bestandteile und Feinmaterial aufgetrennt werden könnte." - Jan P. Höffgen

Rement stellt eigenes Zielbild vor

Genau dieser Ansatz ist Teil des Zielbilds von Rement, welches im Anschluss durch unser Business Development Lead Robert Schleinhege vorgestellt wurde. Rement hat sich zum Ziel gesetzt, eine Lösung für sortenreines, CO2-negatives und praktikables Beton-Upcycling zu entwickeln. Durch sortenreine Trennung durch die Rement-Technologie kann nicht nur die Gesteinskörnung aus dem Betonbrechsand herausgelöst werden, sondern zusätzlich Calciumcarbonat und Schluff aus dem Zementstein separiert werden. Diese Trennung ermöglicht eine gezielte Verwertung: Während die Gesteinskörnung beispielsweise für die Produktion von neuem Beton eingesetzt werden kann, eignet sich der Schluff zum Einsatz als Betonzusatzstoff. Das hochreine Calciumcarbonat kann als Füllstoff und weißes Farbpigment in der Papier-, Kunststoff- und bauchemischen Industrie eingesetzt werden. Calciumcarbonat dient zusätzlich als Speichermedium für CO2, welches in Rement-Anlagen eingeleitet wird. Da im Rement-Prozess mehr CO2 eingespeichert und vermieden als emittiert wird, qualifiziert sich die Technologie als CO2-negativ. Für die Zukunft soll verstärkt daran gearbeitet werden, die Einspeicherung pro Tonne Beton zu maximieren und Emissionen durch elektrische Energie und Logistik zu minimieren. Ziel ist es zudem, die CO2-Speicherung zuverlässig zu quantifizieren und zu zertifizieren, um somit CO2-Märkte zu adressieren. Um spätere Rement-Anlagen praktikabel zu machen, ist vor allem die Dimensionierung, die Einbettung in bestehende Prozesse und die Handhabung der Anlage entscheidend.

Im Ergebnis entsteht eine Beton-Upcycling-Technologie, mittels der ein Rohstoff-Erlös durch den Verkauf von Sand, Calciumcarbonat, Betonzusatzstoffen und CO2-Äquivalenzen erwirtschaftet werden kann, welcher den Wert des Betons zum Zeitpunkt des Neubaus überschreitet. Natürliche Ressourcen werden geschont, Deponierungen und Downcycling vermieden und dem Klimawandel wird entgegengewirkt. Herr Schleinhege lädt Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette ein gemeinsam an diesem Zielbild zu arbeiten.

"Wir bedanken uns sehr für die bisherige Unterstützung und freuen uns auf den gemeinsamen Weg mit Ihnen." - Robert Schleinhege

Technische Machbarkeit bestätigt

Entscheidend für die Erreichung dieses Zielbilds sind aus technischer Sicht Effizienz, Robustheit und Qualität der Produkte. In seinem Vortrag ging unser Laborleiter Adrian Neukirch darauf ein, wie diese Faktoren auf der Grundlage von Laborforschung optimiert werden. Im ersten Schritt lag der Fokus der Forschung auf der Bestätigung der technischen Machbarkeit der Grundidee. Brechsand als Ausgangsmaterial erwies sich als ausreichend calciumhaltig. Innerhalb ökonomisch umsetzbarer Prozessbedingungen konnten Reaktionen beobachtet werden. Die Qualitätseigenschaften des für die Wirtschaftlichkeit am entscheidendsten Calciumcarbonats bildeten auf Anhieb einen guten Ausgangspunkt für weitere Optimierungen.

Im Zuge des Umzugs Rements an das KIT-IMB konnte das Portfolio an Analyse-Möglichkeiten entscheidend erweitert werden. Dies ermöglicht eine schnelle Qualitätssicherung begleitend zur verfahrenstechnischen Weiterentwicklung und eine umfassendere Analyse der Produkt-Qualitäten zur Ableitung von Verwertungsszenarien. Die Analysen orientieren sich bereits größtenteils an durch Industriepartner kommunizierte Qualitätsanforderungen. Im nächsten Schritt möchten wir Industriepartner zusätzlich dazu einladen, selbst PCC- und Gesteinskörnungsproben auf einen Einsatz in eigenen Produkten hin zu untersuchen.

Fortschritte in der verfahrenstechnischen Konkretisierung

In den letzten Monaten konnten große Fortschritte in der verfahrenstechnischen Entwicklung erzielt werden, von denen unser Engineering Manager Dr. Achim Stammer im Anschluss berichtete. Neben der Einreichung eines verfahrenstechnischen Patents und der Erstellung eines Prozesskonzepts konnten mehrere zentrale Prozessbestandteile bereits in Hardware-Apperaturen überführt werden, welche während der Veranstaltung als Anschauungsobjekt dienten. Rements Prozesskonzept basiert auf einem kontinuierlichen System. Das bedeutet, dass Material nicht Charge für Charge sondern laufend befüllt, zwischen den einzelnen Reaktoren bewegt und entnommen wird. Herr Stammer ging im Detail darauf ein, wie Calcium aus dem Beton extrahiert und umgesetzt wird, wie eine stufenweise Fest-Flüssig-Trennung der einzelnen Feststoffe gelingt, der Wasserverbrauch minimiert wird und ein Entweichen von CO2 vermieden werden kann. Zudem wurde anhand des Beispiels des CO2-Drucks skizziert, wie Rement durch Berechnungen ökonomisch ideale Prozessparameter definiert.

Daten als Grundlage für Prozessoptimierung und Automatisierung

„Daten sind eine kostbare Sache und halten länger als die Systeme selbst.“ - Tim Berners-Lee

Diesem Ansatz folgend setzt Rement im Zuge der Evolution von der Prototypen- zur Pilotphase und schließlich zur kommerziellen Anlage auf eine nachhaltige, stetig wachsende Dateninfrastruktur. Im aktuellen Stadium werden durch Sensoren bereits Daten zu Temperatur, Druck, Füllständen und Volumenströmen gemessen und anschließend in digitale Signale gewandelt. Anschließend können Daten durch Skripte verarbeitet und in Datenbanken gespeichert werden. Digitale Interfaces ermöglichen die Analyse von Echtzeit- und historische Daten und bieten somit die Grundlage für die Prozessüberwachung und die technische Optimierung.

Als Beispiel wurde die aktuelle Umsetzung der Überwachung der Filter, welche für das Abtrennen des Calciumcarbonats verantwortlich sind, vorgestellt: Sensoren messen den Druck vor und hinter der Filtermembran. Das Signal wird an ein digitales System übertragen, gespeichert und visualisiert. Sobald eine hohe Druckdifferenz vor und nach dem Filter festgestellt wird, wird eine Benachrichtigung ausgelöst, die uns mitteilt, dass der Filterkuchen entnommen werden kann. Im aktuellen Stadium wird dieser Schritt noch manuell ausgeführt. Schrittweise werden mehr und mehr Aktoren wie Pumpen und Dosiersysteme auf Grundlage von Sensordaten gesteuert, wodurch der Automatisierungsgrad der Technologie zunimmt.

Pilotierung für das Jahr 2025 geplant

Für das Jahr 2025 planen wir die Errichtung und Inbetriebnahme einer Pilotanlage in Containergröße. Diese wird nicht mehr in einer kontrollierten Laborumgebung, sondern auf dem Außengelände des KIT-IMB betrieben. Ziele für die Pilotierung sind eine Steigerung des Anteils kontinuierlicher und automatisierter Prozessschritte und eine weitere Skalierung des Stoffumsatzes. Angestrebt wird eine portable Pilotanlage, welche in dieser Form in der Realumgebung potentieller Anwender erprobt werden kann. Abschließend möchten wir noch einen Teilnehmer der Veranstaltung zitieren:

„Das Herzstück wurde jetzt entwickelt. Nun geht es an die praktische Umsetzung“ - Ein Gast der Veranstaltung

Key Takeaways

  • Die Verwertungsmöglichkeiten für Betonbrechsande sind vielfältig. Eine detaillierte Verwertungsstrategie wird vom KIT-IMB in einem Strategiepapier vorgestellt

  • Eine sortenreine Trennung der Beton-Bestandteile ermöglicht individuelle, hochwertige Verwertungen und damit auch höhere Erlöse

  • Abbruchbeton hat das Potential bis zu 100kg/t CO2 einzuspeichern und natürliche Ressourcen zu schonen

  • Rement setzt sich das Ziel, CO2-negative, sortenreine und praktikable Betonupcycling-Anlagen zu entwickeln

  • Um die Praxistauglichkeit späterer Upcycling-Anlagen zu gewährleisten, lädt Rement potentielle Anwender zur frühzeitigen Zusammenarbeit ein

  • Rement stellt Produktqualitäten durch umfangreiche eigene Analysen sicher und bietet zusätzlich späteren potentiellen Verwertern Produktproben für eigene Analysen an

  • Nach Bestätigung der technischen Machbarkeit optimiert Rement aktuell die verfahrenstechnische Umsetzung

  • Laborforschung und Dateninfrastruktur bilden die Grundlage für die verfahrenstechnische Entwicklung

  • Neben der eigenen Laborforschung wird Rement durch das KIT-IMB mit tiefergehenden, baustofftechnologischen Analysen unterstützt

  • Technisches Ziel ist ein kontinuierlicher, automatisierter Prozess

  • Die Inbetriebnahme einer Pilotanlage am KIT ist für 2025 geplant

Wir bedanken uns herzlich beim KIT-IMB/MPA-Team für die Unterstützung bei der Organisation und die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten.